Iran-Update: Die aktuellen Ereignisse im Persischen Golf und ihre Vorgeschichte

Der Konflikt zwischen dem Iran und dem Westen spitzt sich zu. Da die deutschen Medien wie üblich die Vorgeschichte weglassen, soll hier noch einmal aufgezeigt werden, wie es zu dem aktuellen Konflikt gekommen ist und warum die aktuelle Zuspitzung der Lage zu erwarten war.

Die aktuelle Krise begann im Mai 2018. Damals haben die USA das Atomabkommen mit dem Iran gebrochen und Sanktionen gegen den Iran angekündigt. Die EU stellt sich zwar formell hinter das Abkommen, erfüllt aber ihre darin übernommenen Verpflichtungen selbst nicht. Vertragstreu sind lediglich Russland, China und der Iran. Selbst die vom Iran im Mai angekündigte Aussetzung von Teilen des Abkommens ist nach dem Vertragsbruch durch die USA kein Verstoß gegen das Abkommen, der Iran hat zu dieser Reaktion laut Abkommen das Recht.

Die Chronologie, Details und Hintergründe zu dem Atomabkommen finden Sie hier.

Da sich der Iran aber bisher auch von den harten Wirtschaftssanktionen der USA und der vertragswidrigen Untätigkeit der EU nicht hat provozieren lassen, war zu erwarten, dass die Situation auf andere Weise verschärft werden würde. Und das geschah auch im Mai und im Juni, als Öltanker im Persischen Golf bzw. im Golf von Oman beschädigt wurden. Obwohl es keinerlei Hinweise auf eine Schuld des Iran gab und diese Verschärfung auch nicht im iranischen Interesse war, haben westliche Medien und Politiker den Iran beschuldigt, für die Vorfälle verantwortlich zu sein.

Die nächste Provokation gegen den Iran war die Festsetzung eines iranischen Tankers durch Großbritannien bei Gibraltar. Der Tanker war mit iranischem Öl auf dem Weg nach Syrien. London begründete die Festsetzung des Tankers mit einer Verletzung gegen die Syrien-Sanktionen der EU. Das Problem dabei ist, dass die EU-Sanktionen nicht vom UNO-Sicherheitsrat bestätigt wurden. Nur dann wäre es erlaubt, Sanktionen auch mit Gewalt durchzusetzen. Da eine Resolution des Sicherheitsrates nicht vorliegt, war die britische Aktion ein völkerrechtswidriger Akt der Piraterie.

Danach war zu erwarten, dass der Iran seine Ankündigung umsetzen würde und ebenfalls einen britischen Tanker festsetzt. Auch das ist völkerrechtswidrig, aber der Iran will sich die einseitigen Provokationen nicht gefallen lassen. Das macht die iranische Aktion nicht legaler, aber zumindest verständlich. Der Iran zeigt seine roten Linien deutlich auf.

Interessant ist, dass es zunächst nur sehr verhaltene Reaktionen auf die Festsetzung des britischen Tankers durch den Iran gab. Das Säbelrasseln der USA, das die vorhergegangenen Vorfälle begleitet hat, blieb dieses Mal aus. Es gab lediglich recht zurückhaltende Statements. Die Nato forderte die Freigabe des Tankers, London drohte dem Iran Sanktionen an, ohne jedoch zu konkretisieren, an was man dabei denkt.

Auch wenn dieser Vorfall die Situation verschärft, blieb es bisher bei Ankündigungen. London möchte eine europäische Mission entsenden, um die Schifffahrt im Golf zu schützen und sprachen vor dem UNO-Sicherheitsrat von einem „illegalen Eingriff in das Völkerrecht“, die USA wollen sogar eine internationale Koalition zur Überwachung der Schifffahrt im Golf schmieden.

Das Problem zwischen London und Teheran ist nun das gleiche, wie zwischen den USA und dem Iran: Nachdem die USA das Atomabkommen gebrochen haben, bieten sie dem Iran nun plötzlich Verhandlungen an, nachdem der Iran partout nicht einknicken will. Die USA scheinen zu verstehen, dass der Iran sich mit Sanktionen nicht einschüchtern lässt und einen Krieg scheint man in Washington zu fürchten. Der Iran aber ist erst zu Verhandlungen bereit, wenn die USA sich wieder an das Atomabkommen halten und die Sanktionen beenden. Diesen Gesichtsverlust will Trump sich nicht erlauben. Damit steckt man in einer Sackgasse.

Gleiches gilt für London. Der Iran will den britischen Tanker erst freigeben, nachdem Großbritannien den iranischen Tanker bei Gibraltar freigeben. Das wäre ein Gesichtsverlust für London.

Man fragt sich wirklich, ob man in Washington und London so dumm war, auf ein schnelles Nachgeben des Iran zu setzen und so in diese Sackgassen geraten ist, oder ob dahinter Kalkül steckt und man den Konflikt künstlich vertiefen will.

Das werden erst die weiteren Entwicklungen zeigen.

Was man aber schon sehen kann ist, wie die sozialen Netzwerke die Politik der anglo-amerikanischen Länder unterstützen. Twitter hat gestern die Accounts von drei iranischen Nachrichtenagenturen gesperrt. Das Netzwerk hat damit gezeigt, dass es sich gerne für die Politik der Anglo-Amerikaner einspannen lässt.

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. In einigen Kommentaren beim „Qualitätsmedium“ tagesschau hieß es, dass sich aufgrund der nur geringen Breite der Straße von Gibraltar der iranische Tanker in britischen Hoheitsgewässern befunden habe und deshalb die EU-Sanktionen greifen würden. Ist nicht im Seerechtsabkommen von 1984 geregelt, dass in solchen engen Meeresstraßen freie Durchfahrt zu gewähren ist?

  2. Um das tiefe Misstrauen des Iran zu verstehen, hier ein Link

    The U.S. & Iran: A History of Imperialist Domination, Intrigue and Intervention

    https://revcom.us/iran-history/

    Und wenn wir schon bei den Übeltätern sind, dann einmal unter diesem Link nachsehen

    https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Ajax

    „1983 führte die Hisbollah eine Reihe von antiamerikanischen Terroranschlägen durch, und 2003 entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass der Iran die Terrororganisation unterstützte.

    Der Iran-Contra-Skandal folgte den Angriffen der Hisbollah. Während des Iran-Contra-Skandals verkauften die USA illegal Waffen an den Iran und verwendeten die Gewinne, um die Contras in Nicaragua zu unterstützen.

    Trotz der Reihe von Ereignissen mit dem Iran in den 1980er Jahren verstärkte der versehentliche Abschuss einer kommerziellen Fluggesellschaft durch die USA die Feindseligkeiten zwischen den USA und dem Iran. 1988 schoss die USS Vincennes einen iranischen Verkehrsflug im iranischen Luftraum über der Straße von Hormus ab – 290 Iraner starben.

    Obwohl die USA dem Iran eine Entschädigung in Höhe von 61,8 Millionen US-Dollar gezahlt haben, haben sie das verlorene Flugzeug nie bezahlt und sich auch nicht offiziell beim Iran entschuldigt.“

    https://www.strausscenter.org/hormuz/u-s-iran-relations.html

    Da die USA als auch der Iran das UN-Abkommen von 1984 nicht ratifiziert haben

    https://www.vilp.de/treaty_full?lid=en&cid=162

    ist der rechtliche Status des Iran stärker als den USA lieb ist.

    „Schiffe müssen, um die Straße von Hormus zu passieren, die Hoheitsgewässer Omans und Irans durchfahren. Die Durchfahrt soll nach dem Seerechtsübereinkommen der UNO geregelt werden.
    Nach diesem Abkommen steht Schiffen das Recht der Transitdurchfahrt zu. Kriegsschiffe werden wie Handelsschiffe behandelt und dürfen die Straße unangemeldet zügig durchfahren.
    Das Seerechtsabkommen wurde vom Iran zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert und hat damit für die Straße von Hormus noch keine Gültigkeit erlangt.
    Die weitergehenden Rechte würde der Iran, wenn er dem Abkommen beiträte, nur denjenigen Staaten zugestehen, die dem Seerechtsabkommen ebenfalls beigetreten sind.
    Die USA sind diesem Abkommen bisher noch nicht beigetreten.“

    „Beide Staaten haben jedoch die Genfer Seerechtskonventionen unterzeichnet und ratifiziert.

    Nach diesen Konventionen haben Schiffe das Recht der friedlichen Durchfahrt in der Straße von Hormus.
    Für Kriegsschiffe gelten hierbei strengere Auflagen. U-Boote dürfen nur aufgetaucht und beflaggt die Straße durchfahren. Alle Kriegsschiffe müssen vor der Durchfahrt die Erlaubnis beim Iran dafür einholen.
    Nach den Genfer Seerechtskonventionen hätte der Iran noch das Recht, die Straße von Hormus zu sperren – nach dem Seerechtsübereinkommen der UNO hingegen nicht.
    Der Iran beansprucht weiterhin das Erlaubnisrecht für die Durchfahrt von Militärschiffen.[5]

    Die USA lassen ihre Kriegsschiffe weiterhin unangemeldet die Straße von Hormus passieren und berufen sich dabei auf ihr Gewohnheitsrecht.“

    Auch hier sieht man das tiefe Misstrauen und, wie so oft das Agieren der USA. Selbst keine Verpflichtungen eingehen aber sich Rechte rausnehmen nach Gutsherren Art. Die Auswirkungen dieses Verhaltens dem Iran zuzuschreiben ist verlogen. Was erwarten wir eigentlich von den Staaten die eben nicht ins Hinterteil der USA kriechen wollen?

    Auch das Berufen auf ein „Gewohnheitsrecht“ ist dreist, denn nur weil der Iran nicht gleich alle Kriegsschiffe versenkt bedeutet nicht das man Iranisches Recht nicht anerkennen muss.
    Schon komisch wenn man bedenkt wie oft die USA schon ohne Kriegserklärung über andere Länder hergefallen sind. Könnte auch zum Gewohnheitsrecht werden.

    Der Piraterie-Akt gegen Iran, hat da schon jemand die Frachtpapiere gesehen? Welcher Geheimdienst hat da Syrien als Zielland deklariert? Wenn man US freundlichen Verlautbarungen glauben kann haben US Matrosen Probleme auf einem Schiff zu bleiben. Wollen wir mal hoffen das dieses „Mann über Bord“ wirklich nur ein Unfall war und nicht das Aussetzen von Spezialkräften.

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